3D-Scannen von Inschriften mittelalterlicher Grabsteine
Jüdischer Friedhof "Heiliger Sand", Worms
Projekt der Arbeitsgruppe Visualisierung und Numerische Geometrie
Nun UNESCO Welterbe-Stätte
Aus aktuellem Anlass verweisen wir auf die UNESCO-Auszeichnung am 27. Juli 2021, mit der die SchUM-Stätten
zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Unsere Aktivitäten haben dazu ebenfalls ihren wenngleich kleinen Beitrag geleistet.
Vorgehensweise
Ein 3D-Nahbereichscanner wird zum Erkennen von Inschriften mittelalterlicher
Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof "Heiliger Sand" in Worms eingesetzt.
Dabei geht es um die Erfassung des heutigen Zustands vor dem weiteren witterungsbedingten Verfall der Sandsteinoberfläche.
Anschließend werden die digital erfassten Oberflächen dahingehend analysiert,
ob sich weitere Schriftzeichen erkennen lassen, die durch Schräglichtphotographie nicht zu sehen sind.
Diese Analyse basiert auf Multiskalen Integralinvarianten - MSII - einem Filterverfahren, dass in dem Softwareframework GigaMesh (Autor: Hubert Mara, IWR, Universität Heidelberg) implementiert ist.
Für weitere Informationen siehe auch den Artikel bei SPIEGEL-Online.
Ergebnisse
Unter den folgenden Links befindet sich jeweils ein animierbarer Bilderstapel, der den Stein aus unterschiedlichen Richtungen beleuchten lässt. Dazu bewegt man entweder die Maus bei gedrückter linker Maustaste oder klickt auf das kleine Menü links unten. Dort ist ebenfalls eine Kurzinformation hinterlegt und die Möglichkeit eines Fullscreenmodus.
Außerdem sind jeweils zwei Bilder mit unterschiedlicher Farbkodierung zu sehen,
die die Oberflächenkrümmung herausarbeiten. Mit der Farbskala "hot" wird
von weiß über gelb zu rot und schwarz die maximale negative bis zur maximal
positiven Krümmung belegt. Je extremer in den Stein hineingearbeitet wurde, desto
heller erscheinen diese Bereiche. Ebene Flächen dagegen sind orange. Zur optischen
Unterstützung wurde zusätzlich ein virtuelles Licht von links oben eingesetzt.
Beim Graubild wurde ähnlich verfahren.
Die Nummerierung der einzelnen Steine orientiert sich an Brocke, Steinheim Institut.
Stein No. 1274 in verschiedenen farblichen Darstellungen der Oberfläche
Ein Klick auf das jeweilige Bild öffnet die Bilddatei in voller Auflösung.
Erste Reihe von links nach rechts:
(1) Virtuell beleuchtetes Modell ohne Farbinformation:
Die einheitliche Färbung in neutralem Grau wird einzig durch die Beleuchtung
zu helleren oder dunkleren Schattierungen.
(2) Virtuell beleuchtetes Modell mit Farbinformation in Farbskala "hot".
(3) Virtuell beleuchtetes Modell mit Farbinformation in Farbskala "grayscale".
(4) Unbeleuchtetes Modell in Farbskala "grayscale".
Zweite Reihe von links nach rechts:
(1) Virtuell beleuchtetes Modell, Korrelation zu einem ausgewählten Punkt, in Farbskala "hot".
(2) Virtuell beleuchtetes Modell, Korrelation zu einem ausgewählten Punkt, in Farbskala "grayscale".
(3) Unbeleuchtetes Modell in Farbskala "grayscale".
Ortstermine "Heiliger Sand"
Fr, 8.10.2010, 9:30 - 17:00 h, Auswahl der Grabsteine
Auf Basis eines ersten Vorschlags durch Prof. Brocke wurden von 45 relevanten und gefährdeten Grabsteinen eine Vorauswahl von 28 Steinen getroffen. Diese Auswahl ließ sich in mehrere Kategorien teilen: Steine, die nach einer leichten Reinigung sofort zu scannen sind, andere, die durch einen Restaurator gereinigt werden müssen, bevor sie gescannt werden können.
Di, 2.11.2010, 8:00 - 14:00 h, Reinigung von 28 Inschriften
In einer konzertanten Aktion konnten an diesem Tag mit Hilfe des THW und des Fördervereins des Jüdischen Friedhofs mit studentischen Hilfskräften bereits alle fraglichen Steine gereinigt werden.
Fr, 5.11.2010, 8:30 - 16:00 h, 3D-Aufnahme
Bei diesem ersten Termin zum Scannen konnten insgesamt vier Schriftfelder aufgezeichnet werden. Es handelt sich um die Steine 1274, 19, 22 und 24. Alle befinden sich in der südlichsten Spitze des Friedhofs.
Mi, 2.03.2011, 9:30 - 17:30 h, 3D-Aufnahme
Nach längerer Winterpause konnten wir bei verlässlich trockenem Wetter unsere Aufnahmen fortsetzen.
Fünf weitere Schriftfelder der Steine mit den Nummern 57, 64, 82, 84 und 88 im hinteren Bereich des Friedhofs wurden aufgenommen.
Fr, 4.03.2011, 9:30 - 17:30 h, 3D-Aufnahme
Ebenfalls fünf Schriftfelder der Steine mit den Nummern 101, 107, 129, 171 und 197 im südöstlichen Bereich des Friedhofs konnten aufgenommen werden. Die Wormser Zeitung berichtet über die Aktion.
Mi, 23.03.2011, 9:30 - 17:30 h, 3D-Aufnahme
Ebenfalls fünf Schriftfelder der Steine mit den Nummern 135, 151, 164, 209 und 185 wieder im südöstlichen Bereich des Friedhofs konnten aufgenommen werden.
Fr, 25.03.2011, 10:00 - 17:30 h, 3D-Aufnahme
Diesmal konnten sogar sieben Schriftfelder der Steine mit den Nummern 1045, 1062, 1077, 1167, 220, 310 und 26 aufgenommen werden.
Mo, 28.03.2011, 10:00 - 16:00 h, Ortstermin "Heiliger Sand"
Ein Team des SWR-Fernsehens filmte über den Tag unsere Aktivitäten für die Landesschau. Währendessen konnten wir die restlichen drei vorgesehenen Steine 188, 857 und 893 aufnehmen, so dass inzwischen 30 Schriftfelder digital vorliegen.
Kooperationspartner
Die Planung, das Vorbereiten und Reinigen, die 3D-Aufnahme und digitale Nachbearbeitung und
schließlich die Auswertung ist eine Kooperation mit dem
S.L. Steinheim Institut, Duisurg unter der Leitung von Prof. Michael Brocke
und der
Landesdenkmalpflege Rheinland-Pfalz
unter der Leitung von
Dr. Pia Heberer.
Die Ausrüstung wurde durch die
Heidelberg Graduate School of Mathematical and Computational Methods for the Sciences
zur Verfügung gestellt.
Das Projekt wird gefördert mit einer Spende der
Sparkasse Worms-Alzey-Ried.
Copyright
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